Friedensfest „Nie wieder Krieg“
Termin: 1. September 2018, 11 Uhr
Ort: Lauterbach, Berliner Platz
Grußwort von Frau Kreisbeigeordneter
Stephanie Kötschau
Beauftragte fur Integration, Inklusion und Gleichstellung
des Vogelsbergkreises
Sehr geehrte Frau Bolduan
sehr geehrte Frau Kirst,
meine Damen und Herren,
„Nie wieder Krieg!“ – bei diesen Worten denke ich an die sozial engagierte Kunstlerin Käthe Kollwitz, die sich mit den Schrecken des Krieges in ihrer Kunst auseinandersetzte und fur ein friedliches Miteinander in der Gesellschaft geworben hat. Fur den Mitteldeutschen Jugendtag der Sozialistischen Arbeiterbewegung entwarf sie 1924 die Gestalt einer
kämpferischen Frau mit dem mahnend hochgereckten Arm, die mit den Worten „Nie wieder Krieg!“ entschlossen fur die Sicherung des Friedens eintritt. Die Weimarer Republik hat uns gelehrt, dass Demokratie, Freiheit, Toleranz und Mitmenschlichkeit Werte sind, die verloren gehen, wenn sie
nicht entschlossen verteidigt werden.
Heute stehen wir hier vor dem Löwendenkmal, dem Kriegsdenkmal, das in Erinnerung an den deutsch französischen Krieg von 1870/71 öffentlichkeitswirksam verhullt werden wird und stellen uns die Frage: Brauchen wir diese Verhüllungsperformance, um öffentliche Aufmerksamkeit fur ein friedliches und rucksichtsvolles Miteinander in der Gesellschaft zu erreichen? Um die Menschen zu berühren und zum Nachdenken zu bewegen? Um klarzumachen, dass das Fundament unserer Demokratie, das die Basis schafft fur ein Leben in Frieden, droht
zu zerbrechen?
Ich denke, die Antwort lautet JA. Das Fundament unserer Demokratie ist gefährdet, wenn Politiker öffentlich die NS-Zeit als Vogelschiss bezeichnen. Das Fundament unserer Demokratie ist gefährdet, wenn Respektlosigkeit,
Gewaltbereitschaft und Hass, wie wir sie tagtäglich in den
sozialen Medien und im öffentlichen Raum erleben, weiter zunehmen und Anstand immer mehr zum Fremdwort wird. Das Fundament unserer Demokratie ist gefährdet, wenn sich die Gesellschaft weiter spaltet und die Unversöhnlichkeit zunimmt, auch deswegen, weil sich Fake News und
Tabuverletzungen in Windeseile im Netz verbreiten.
Dagegen aufzustehen und Gesicht zu zeigen für Demokratie, Frieden, Toleranz und eine zivilisierte Streitkultur, das ist eine gute Sache. Und deswegen bin ich heute auch sehr gern auf den Berliner Platz gekommen.
Ich finde es großartig, dass mutige Frauen den Gedanken von
Verständigung und Toleranz zu ihrer Sache machen. Ich finde es bewundernswert, dass Frauen aufstehen und handeln und Bewusstsein dafur schaffen, dass wir alles, was wir erreicht haben, auch wieder verlieren können. Die moralischen Werte, die unsere demokratische Gesellschaft zusammenhalten, müssen im Alltag gelebt werden, damit sie einen stabilen Wurzelboden haben, damit sie auch in stürmischen Zeiten,
wie wir sie heute erleben, überdauern. Wer die Demokratie bewahren will, muss sich jetzt fur Freiheit, Frieden und Toleranz auch öffentlich einsetzen.
Ich finde es großartig, dass über 300 Frauen aus verschiedenen Nationen fur die Verhullungsperformance gestrickt haben und damit ein Zeichen setzen fur eine friedvolle Welt. In einer Zeit, wo wir oft fassungslos dem
Werteverfall in unserer Gesellschaft gegenüberstehen, ist das eine notwendige und wichtige Aktion.
Ich danke den fleißigen Strickerinnen fur Ihre Tatkraft. Ich danke dem Soroptimist International Club Lauterbach-Vogelsberg für die Projektidee und das anspruchsvolle Begleitprogramm, dass die Leiden des Krieges aus
unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchtet und uns sensibel dafur macht, dass Krieg kein Problem löst, und Konflikte, wo immer sie entstehen, in einem friedfertigen Dialog beigelegt werden müssen. Diese Performance ist auch ein Impuls für das Friedensprojekt „Europa“.