Sophia Mott las aus ihrem Buch „Ihr Tänzer war der Tod – Walther Rathenau und der große Krieg“
Im Rahmen des Projektes „Nie wieder Krieg!“ von Soroptimist International (SI) Lauterbach Vogelsberg las Autorin Sophia Mott aus ihrem neuesten Roman in der Stadtbücherei Lauterbach. Die Lesung fand in Kooperation mit der Stadtbücherei Lauterbach und dem Förderverein der Stadtbücherei Lauterbach e.V. statt.
Nach der Begrüßung durch Petra Scheuer, Leiterin der Stadtbücherei Lauterbach, stellte Dr. Barbara Peters, SI-Präsidentin und auch im Vorstand des Fördervereins tätig, die Autorin Mott kurz vor und wies darauf hin, dass mit Motts Lesung über Martha Liebermann das Projekt „Nie wieder Krieg!“ in 2018 begann, und das diesjährige nun mit der Lesung über Rathenau ende. Das Buch über Martha Liebermann wurde zwischenzeitlich verfilmt und der Film mit Thekla Carola Wied erst kürzlich in der ARD gesendet.
Sophia Mott führte anschließend in das Thema ihrer Lesung ein. Ihr sei es ein persönliches Anliegen gewesen, sich mit der Lesung am SI-Projekt „Nie wieder Krieg!“ zu beteiligen, denn die Geschichte Rathenaus sei eng mit dem Ersten Weltkrieg und letztlich auch dem Zweiten Weltkrieg verknüpft.
Das Vorlesen falle ihr allerdings in diesen kriegerischen Zeiten nicht leicht, weil die Handlung so sehr an die Gegenwart gemahne. Gut und Böse, richtig oder falsch seien nie eindeutig: „Es gibt immer nur Menschen, die in Schützengräben sterben, weil andere sich ausdachten, ihren Machtbereich zu vergrößern“, so Mott.
Motts Roman über Walther Rathenau ist ein Kaleidoskop seines Lebens, in dem nicht nur er, sondern auch Menschen in seiner Nähe in den Blick rücken. Es entsteht in kurzer Zeit ein Persönlichkeitsbild eines Mannes, der viele Begabungen und viele Schwächen in sich vereinte, von großer Erscheinung und oft voller Selbstzweifel war. Obwohl selbst als Jude benachteiligt, schrieb er diskriminierende Essays über Juden. Aber, so zeigt Mott auf, er entwickelt und verändert sich im Laufe der Jahre. Am Ende schlägt er sich auf die Seite der Demokraten und besiegelt damit sein Schicksal: Er wird von zwei Freiheitskorps-Soldaten der „Organisation Consul“ im Juni 1922 erschossen – genau vor 100 Jahren.
Damit beginnt der Roman, und begann auch Motts Lesung. Darauf entwickelte die Autorin in Rückblenden ein lebendiges Bild ihres Protagonisten. Das gelingt Mott nicht nur durch eine äußerst präzise, oft fast lakonische Sprache, die Geschehnisse, Beobachtungen, Persönlichkeitszüge auf den Punkt bringt – stellenweise auch nicht ohne Humor. So entsteht Seite um Seite ein großflächiges, vielfarbiges, scharfes Bild der Personen, der Zeit, der politischen Kultur. Dabei hat Mott die Fakten, das historisch Überprüfbare, fest im Blick. Dennoch ist „Ihr Tänzer war der Tod“ ein Roman, keine historische Biographie.
Die Autorin vermochte in ihrer Lesung ihren eigenen Worten den Klang zu geben, den sie beim Schreiben meinte. Der Abend informierte und unterhielt gleichermaßen. Motts Protagonist, so wird deutlich, hat sie vom Beginn der Recherche-Arbeiten viele Monate lang begleitet und sie kam ihm so nahe, dass sie von Rathenau meist nur als „Walther“ spricht. Eine sehr fruchtbare Nähe, wie die Lesung zeigte.
Sophia Mott wies am Ende der Lesung darauf hin, dass die Gräber der beiden Attentäter im Lauf der 100 Jahre von den Nazis für ihre Propaganda benutzt, nach der Wende schließlich eingeebnet wurden und dennoch immer wieder als „Gedenkstätte“ für Rechte dienten.
Als sie aus Recherche-Gründen die Gräber auf Burg Saaleck besuchte, hatte jemand erneut für Blumenschmuck gesorgt.
Das SI-Projekt „Nie wieder Krieg!“ wird vom Bundesprogramm „Demokratie leben!“ gefördert. Alle weiteren Informationen und Termine des Rahmenprogramms unter www.niewiederkrieg.net
BU: Autorin Sophia Mott
Foto: SI/Deibel